Ritualbad
„Mikwe“

Ein begehbares Denkmal.

Die Mikwe

In vielen Religionen spielt das Wasser als Symbol des Lebens und der Erneuerung eine wichtige Rolle. Nach jüdischem Ritus kann durch das Untertauchen des ganzen Körpers in „lebendigem Wasser“ rituelle Reinheit erlangt werden. Bei ritueller Unreinheit durfte ein gläubiger Jude nicht am religiösen Leben teilnehmen und z. B. nicht den Gottesdienst besuchen. Ein Ritualbad, eine sogenannte Mikwe, in dem die rituelle Reinigung vorgenommen wurde, stellt daher eine unverzichtbare Einrichtung in der jüdischen Gemeinde dar. Als „lebendiges Wasser“ wird fließendes Wasser, wie z. B. Grundwasser oder Regenwasser, das in einem offenen Becken gesammelt wird bezeichnet.

Die Buttenwiesener Mikwe ist einzigartig in ganz Deutschland, sowohl durch ihre Lage in unmittelbarer Nähe zu Synagoge und Friedhof als auch in ihrer Funktionsweise. Statt dem üblichen Grundwasser wurde hier in zwei verbundenen Becken eine Kombination aus Regenwasser und erwärmbarem Brunnenwasser verwendet. Somit war die Buttenwiesener Mikwe hygienischer und deutlich konfortabler als andere Ritualbäder.

Begehbares Denkmal

Bis in die 1920er Jahre diente das Gebäude als Ritualbad. Die Nazis zweckentfremdeten die Mikwe und bauten sie zum Wohnhaus um. Nach Ende des 2. Weltkriegs wurden die Liegenschaften der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Buttenwiesen unter Vermögensverwaltung der amerikanischen Besatzungsmacht gestellt und 1949 der „Jewish Restitution Successor Organisation“ – kurz IRSO übereignet. Von dieser wurde das Gebäude der Mikwe, an dem zu diesem Zeitpunkt nichts mehr an seine frühere Funktion erinnerte, verkauft und dann als Wohnhaus genutzt.

Nach der Freilegung der alten Becken und Installationen unter den Fußböden wurde die Mikwe 2017 saniert und der Öffetntlichkeit zugänglich gemacht. Im Zuge der behutsamen Restaurierung wurden unter Anderem in einem als Arrestzelle genutzten Raum Graffitis polnischer Kriegsgefangener gefunden, die belegen, dass der Raum schon in der NS-Zeit als Gefängnis genutzt wurde. Wie die Synagog birgt auch dieses Gebäude sicher noch weitere Geheimnisse, die es zu erforschen gilt.

DOKU Teil 4

Der vierte Kurzfilm von Daniel Reichenberger und Johannes Haider zum Thema „Ein begehbares Denkmal“ erklärt den Stellenwert einer Mikwe in der jüdischen Gemeinde und erzählt von der bewegten Geschichte der Buttenwiesener Mikwe und ihren Besonderheiten.

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