Jüdisches
Buttenwiesen

370 Jahre jüdische Leben

Das Judendorf

Die frühesten Zeugnisse jüdischer Einwohner in Buttenwiesen stammen aus dem 16. Jahrhundert. Bis 1805 gehörte Buttenwiesen zur Markgrafschaft Burgau und damit zu Vorderösterreich und den Habsburgern. Allerdings waren sie zunächst nicht die einzigen Ortsherren, sondern hatten viele Konkurrenten. Die Ansiedlung von Juden u.A. in der Donauwörther Straße, am Marktplatz und am heutigen Louis-Lamm-Platz diente der Markgrafschaft als Mittel um die alleinige Orsherrschaft zu erlangen.

Die ehemals von Juden bewohnten Häuser kann man an der Donauwörther Straße noch heute gut erkennen: Die Bebauung ist sehr dicht, es gibt keine Hofräume. Die Markgrafschaft Burgau versuchte so, auf dem wenigen Raum möglichst viele neue, von ihr abhängige jüdische Einwohner anzusiedeln.

Man kann an der Bebauung auch ablesen, dass die Juden keine Landwirtschaft betreiben durften und daher keinen Hofraum brauchten. Die meisten jüdischen Einwohner im 16. und 17. Jhd. verdienten sich ihren schmalen Lebensunterhalt mit Hausieren, manche betrieben auch Viehhandel. Gegenüber der Straßenzeile mit den Wohnhäusern entstanden eher kleine, niedrige Wirtschaftsgebäude.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg nahm die Anzahl der jüdischen Bewohner zu, zeitweise waren zwei Drittel der Einwohner Buttenwiesens israelitischen Glaubens.

Louis Lamm

Louis Lamm (geb.1871) war ein bedeutender Antiquar und Verleger für jüdische Schriften.

Er wuchs als Sohn einer ärmlichen jüdisch-orthodoxen Familie in Buttenwiesen auf. Sein Vater Max war Klempner, stellte als Blechschmied aber auch kunstvolle Judaika her. Außerdem gab er Lamm’s jüdischer und deutscher Wochenkalender heraus.

Louis machte eine Lehre zum Antiquar in Frankfurt am Main. 1903 eröffnete er zusammen mit Bernhard Nathansen in der Neuen Friedrichstraße 61–63 in Berlin die Buchhandlung Nathansen & Lamm, Sortiment und Antiquariat. Ab 1905 führte er das auf Judaica spezialisierte Geschäft allein weiter. Er gab über 30 Antiquariatskataloge heraus, die ihm Absatzmärkte in ganz Europa und den Vereinigten Staaten erschlossen.

In seinem Verlag veröffentlichte Lamm hauptsächlich Werke zur jüdischen Geschichte, von denen er viele selbst verfasst hatte. Seine erfolgreichsten Buchreihen waren Lamms Bibliotheca Judaica und – im Ersten Weltkrieg – Lamms jüdische Feldbücherei, wodurch er sich als patriotischer Deutscher profilierte. Im Ersten Weltkrieg gab er auch eine Reihe von Ansichtskarten – Lamms jüdische Kriegspostkarten – und 1916 ein Verzeichnis jüdischer Kriegsschriften heraus. Sein Geschäft war ein Treffpunkt jüdischer und nicht-jüdischer Gelehrter.

Nach seiner Emigration 1933 nach Amsterdam konnte er sein Geschäft zunächst erfolgreich weiterführen. Louis Lamm wurde zusammen mit seiner Tochter Ruth Fanny 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und am 19. November ermordet wurde.

Im Gedenken an den wohl bekanntesten Sohn der jüdischen Gemeinde wurde der frühere „Schulplatz“ in Buttenwiesen 2017 in „Louis-Lamm-Platz“ umbenannt.

DOKU Teil 1

Der erste Teil der Kurzfilmreihe von Daniel Reichenberger und Johannes Haider: Statements des Gemeindearchivars, historische Photographien, aktuelle Aufnahmen und der von der BR-Journalistin Katja Schild gesprochene Begleittext lassen im diesem ersten von insgesamt vier Kurzdokus die Geschichte des jüdischen Lebens in Buttenwiesen lebendig werden.